Mit der Energierechtsnovelle 1998 wurde der Gasmarkt in Deutschland liberalisiert. Trotz der Tatsache, dass der Markt damit für den Wettbewerb geöffnet wurde und Gaskunden ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit bekamen ihren Versorger zu wechseln, tat sich auf dem Gasmarkt viele Jahre kaum etwas. Denn die Anbietervielfalt war stark eingegrenzt. Grund hierfür war die Beschaffenheit des Gasnetzes. Damals gestaltete es sich weitaus mühsamer Kunden mit Gas zu versorgen, als es beispielsweise mit Strom der Fall ist. Glücklicherweise hat sich in der Zwischenzeit einiges geändert und die Gaskundschaft ist heute in der Lage aus einer Vielzahl an Anbietern zu wählen, um von günstigen Preisen zu profitieren. Viele Verbraucher nutzen die modernen Möglichkeiten, die beispielsweise Vergleichsrechner bieten, trotzdem nicht.
Nach dem Start der Liberalisierung des Gasmarktes 1998 veränderte sich zunächst wenig. Die Monopolstellung einiger Anbieter blieb weiterhin bestehen, weil es kleinen Unternehmen nicht möglich war die Anforderungen des deutschen Gasnetzes zu erfüllen und ihre Kunden zu günstigen Preisen mit Gas zu versorgen. Die Kosten für Versorger waren einfach zu hoch. Die dominierenden Großkonzerne behielten ihren Wettbewerbsvorteil. Die Preise gingen nur in geringem Maße zurück, sehr zu Lasten der Kundschaft. Die Gasnovelle, die im Jahr 2000 von der Europäischen Union verabschiedet wurde, half zunächst wenig. Mit Hilfe der Neuerungen sollten kleine Gasanbieter einfacher in den Wettbewerb gelangen. Doch dieses Ziel blieb lange unerreicht. Die ersten Monopole zerbrachen erst 2003 als die Richtlinien der Gasnovelle tatsächlich eingehalten wurden. Als 2005 die Bundesnetzagentur die Aufsicht für das deutsche Gasnetz zugeschrieben bekam, vereinfachte sich der Zugang für kleine Anbieter maßgeblich. Gasverkauf und Netzbetrieb wurden unabhängig voneinander und ab 1. Oktober 2006 griff die praktische Liberalisierung.
Die sogenannte Essential Facility Theorie ist ein wesentliches Basiselement zur Liberalisierung des Gasmarktes. Auf Grundlage dieser Theorie wird gewährleistet, dass Monopole nur dort akzeptiert werden, wo Einrichtungen von Mitbewerbern aus volkswirtschaftlicher Sicht unwirtschaftlich sind. Trotz einer Liberalisierung werden derartige Teile einer Wertschöpfungskette innerhalb eines Marktes vom Wettbewerb ausgeschlossen. Im Bereich der Versorgungsnetze- und leitungen gilt diese Theorie in Deutschland sowohl auf dem Strom- als auch auf dem Gasmarkt. Um den Wettbewerb nicht zu bremsen, müssen Konzerne gegen entsprechende Nutzungsentgelte ihren Mitbewerbern den Zugang zu vorhandenen Einrichtungen ermöglichen. Zu den Bedingungen, wonach Inhaber wesentlicher Einrichtungen Dritten den Zugang gewähren, gehören:
Dank der Liberalisierung profitieren Gaskunden heute von einer Auswahl von rund 700 Anbietern. Der Großteil davon ist regional tätig. Häufig wird im Portfolio gleichzeitig Strom und Wasser angeboten. Um es Kunden zu erleichtern den Überblick zu bewahren und Gas möglichst günstig zu beziehen, wurden vermehrt Gas-Rechner bereitgestellt, die einen unabhängigen Vergleich von Gasanbietern ermöglichen. So lassen sich die aktuellen Tarife der Gasanbieter bei Verbraucherportalen wie gasanbieter.com gegenüberstellen und kostenlos vergleichen. Nach Eingabe von Verbrauch und Postleitzahl werden die verfügbaren Anbieter gelistet und entsprechend sortiert. Sollte sich ein günstiger Tarif finden, lässt sich direkt online ein Wechsel vollziehen. Eine Versorgungslücke entsteht dabei nicht.
Bis heute ist es allerdings kaum zu verhindern, dass einige Netzbetreiber neuen Versorgern den Marktzugang trotz strenger Aufsicht der Bundesnetzagentur sowie gesetzlichen Regelungen erschweren. Ein Beispiel ist die Verwehrung von Lieferkapazität. Beobachtet man den regionalen Markt ist es vielerorts üblich, dass lediglich ein weiterer Gasanbieter neben dem Grundversorger besteht. Da sich der Wettbewerb somit stark in Grenzen hält, bleiben erhoffte Preissenkungen aus, wie sie vom Strommarkt bekannt sind. Hinzu kommt, dass die Preise für Erdgas in den vergangen Jahren allgemein stark angestiegen sind. Unter anderem sind die zunehmenden Preise darauf zurückzuführen, dass der Gaspreis an den Ölpreis gekoppelt sind. Doch seit März 2010 wurde diese sogenannte Ölpreisbindung gelockert. Die ausschließliche Orientierung am Ölpreis ist seither für die Preisgestaltung für Gas nicht mehr erlaubt. Nicht selten dient Erdgas als politisches Druckmittel, was sich ebenfalls auf die Preise auswirkt. Die Zusammenhänge und Risiken dieser Tatsache werden im folgenden Video zum Thema Erdgas und Geopolitik verständlich dargestellt.
Trotz des Preisanstiegs ist Erdgas nach wie vor ein beliebter Energielieferant. Angesichts des gesamtgesellschaftlichen Ziels Energiewende spielt Erdgas eine immer wichtigere Rolle. Auf der Internetpräsenz des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, kurz BDEW, werden die Gründe verdeutlicht: „Erdgas ist als leistungsstarker Energieträger ein zentraler Bestandteil der Lösung und das zentrale Instrument zur Erreichung der Energie- und Klimaziele. Schon allein seine geringen Emissionen machen Erdgas zum Ermöglicher der Energiewende und idealen Partner der erneuerbaren Energien. Hinzu kommen hohe Wirkungsgrade in technischen Anwendungen und flexible Einsatzmöglichkeiten.“